Zuhören ist eine Fähigkeit, die wir mehr und mehr zu verlernen scheinen.
Das Frauen darüber klagen, dass ihre Männer nicht zuhören ist fast normal. Auch Pubertierende stehe im Ruf nie zu hören, was Erwachsene sagen. Hier haben sich sogar schon die Begriffe Muttertaubheit und Vatertaubheit etabliert. Aber was steckt dahinter?

Dabei ist das Nicht-Zuhören selten böser Wille. Wir leben in einer Welt, in der wir mit Informationen überflutet werden. Wir müssen also die Informationen selektieren. Was die Menschen mit denen wir zusammenleben uns sagen wollen, glauben wir schon zu wissen. Also hören wir ganz automatisch nicht (mehr) zu.
Außerdem haben die meisten von uns immer das Gefühl zu wenig Zeit zu haben. Multitasking gibt uns das Gefühl effizienter zu sein. Wir nehmen uns schlicht nicht die Zeit "einfach mal zu zuhören".
Hast du schon einmal mit jemandem telefoniert, der nebenbei etwas anderes macht? Der Multitaster springt in seinen Gedanken, verliert den roten Faden des Gesprächs, wiederholt sich, macht Pausen um sich zu sammeln, beschreibt dir was er macht, obwohl es dich nicht interessiert und es auch nicht zum Thema passt. Zuhören kann er gar nicht, denn dafür ist er viel zu sehr in seinem Tun gefangen.
Warum reden wir so gern? Warum hören wir kaum zu?
Reden gilt als aktiv. Zuhören gilt als passiv.
Dem Aktiv sein wird allerdings ein sehr viel größerer Wert zugesprochen als dem Passiv sein. Wir lieben es aktiv zu sein, in die Umsetzung zu kommen, etwas geschafft zu haben, vielleicht sogar wichtig zu sein.
Immer öfter lese ich auf LinkedIn die Berufsbezeichnung "Speaker".
Die Berufsbezeichnung "Zuhörer/in" habe ich noch nie gesehen.
ABER ohne Zuhörer bräuchten wir auch keine Speaker.

Jedem Unternehmer und jeder Führungskraft weiß wie wichtig eine gute Kommunikation ist.. Schaut man sich Statistiken an, in denen dargestellt wird, was Angestellte im eigenen Unternehmen wirklich nervt, dann steht "Schlechte Kommunikation" immer in den Top 5.
Bei Kommunikationstraining denken wir leider fast nur an Retorik-, Präsentations- und Verhandlungstechnik. Selten bis nie ist uns echtes Zuhören als wichtiges Bestandteil der Kommunikation bewusst. Dabei kann man auch das Zuhören trainieren.
Was ist echtes Zuhören?
Echtes Zuhören bedeutet Aufmerksamkeit. Wir nehmen den anderen wahr, wir wenden uns ihm zu. Das ist eine sehr bewusste Entscheidung. Und das erkennt man auch an der Körperhaltung. (ganz automatisch) Dem Gegenüber seine eigene Aufmerksamkeit zu schenken ist eine kognitive Handlung, die wir üben können. Manchmal müssen wir hier etwas Geduld mit uns selbst haben.

Wenn wir zuhören, dann nehmen wir eine empathische innere Haltung ein. Wir verstehen die Gefühle und Bedürfnisse des Anderen, auch wenn wir nicht mit dem Gesagten übereinstimmen. Duhigg hat in seinem Buch "Supercommunicator" Fallstudien zusammengetragen, die zeigen, dass durch Empathie und emotionale Intelligenz nicht nur das zwischenmenschliche Vertrauen gestärkt wird, sondern dass so kreative Problemlösungen entstehen.
Egal wie gut wir Zuhören, unsere eigene Erfahrung mischt gerne mit. Deshalb ist reflektieren und paraphrasieren (Das Wiederholen, des Gehörten mit eigenen Worten.) super wichtig. Dadurch bauen wir eine Brücke zwischen dem Sprechen und dem Hören. Es sorgt für Klarheit.
Echtes, interessiertes Zuhören im Berufsleben
Vertrauen und Beziehungspflege
Echtes Zuhören signalisiert Respekt und Wertschätzung. Führungskräfte und Mitarbeiter, die sich die Zeit nehmen, wirklich zuzuhören, schaffen ein Klima des Vertrauens. Das ist ein Katalysator für offene Kommunikation und langfristige Zusammenarbeit.
Verbesserung der Teamarbeit
Teams, die auf aktives Zuhören setzen, profitieren von einer Kultur, in der alle Stimmen Gehör finden. Durch das Einbeziehen unterschiedlicher Perspektiven können Missverständnisse minimiert und Konflikte frühzeitig entschärft werden. In solch einem Arbeitsumfeld werden Innovationen fördert, da Mitarbeiter sich sicher fühlen, ihre Ideen einzubringen und auch unkonventionelle Lösungsansätze vorzuschlagen.
Steigerung der Problemlösungskompetenz
Ein tieferes Verständnis für die Hintergründe von Problemen entsteht, wenn man die verschiedenen Sichtweisen der Beteiligten berücksichtigt. Das echte Zuhören ist ein essenzielles Instrument, um komplexe Herausforderungen zu durchdringen. Zum einen weil wir unsere Ideen und Meinungen in eine sinnvolle Reihenfolge bringen(wollen) wenn wir bemerken, dass uns zugehört wird. Wir sind also viel fokusierter. Zum anderen, weil wir nur nachhaltige Lösungen entwickeln, wenn wir die Wurzeln eines Problems erkennen.
Führungsqualität und Mitarbeiterentwicklung
Führungskräfte, die als aufmerksame Zuhörer agieren, werden als empathisch und kompetent wahrgenommen. Sie fördern eine Kultur, in der Mitarbeiter sich wertgeschätzt fühlen. Das bewusste Trainieren von Zuhörgewohnheiten verbessert nicht nur das individuelle Führungsverhalten, sondern beeinflußt auch die gesamte Teamdynamik positiv.

Die Wissenschaft hinter dem Zuhören:
Die Wirkung von echtem Zuhören kann man auch neurobiologische Grundlagen erklären. Wenn Menschen das Gefühl haben, wirklich gehört zu werden, werden im Gehirn Wohlfühlhormone wie Oxytocin ausgeschüttet. Dieses natürliche Feedback verstärkt nicht nur das Vertrauen, sondern auch die Bereitschaft, sich auf offene und ehrliche Gespräche einzulassen. Wenn wir jemanden wirklich zuhören, dann passen sich unsere Gehirnaktivitäten den Gehirnaktivitäten des Erzählers an. Wenn wir gemeinsam musizieren oder gemeinsam Rätsel lösen passen sich unsere Gehirnaktivitäten ebenfalls an. Das würde in einigen Studien belegt.
Eigene Erfahrungen
in meine !:1 "Finde dein Warum" Workshop erzählen meine Teilnehmer 3 Stunden Erlebnisse aus ihrem eigenen Leben. Oft sind sie zu beginn des Workshop etwas nervös. Aber spätestens nach einer halben Stunde haben sie sich entspannt. Ich erkenne es an ihrer Haltung und an ihrer Stimme. Nach der Zusammenarbeit fühle ich mich ihnen oft so verbunden, als wären wir sehr gute Freunde und ich freue mich immer, wenn der eine oder andere mal wieder in meine Welt eintritt.
Was du jetzt tun kannst: ich würde jedem empfehlen das ehrliche Zuhören zu trainieren. Fang langsam an. Such dir eine Person aus, der du ab heute immer sehr aufmerksam zuhören wirst. Fordere sie zum Sprechen auf. Stell Fragen. Paraphrasiere. Du wirst merken, dass sie eure Beziehung verbessert. Sei geduldig mit dir, wenn deine Aufmerksamkeit doch wegrutscht. Wenn du es merkst, kannst du deine Aufmerksamkeit neu lenken. Willst du die Erfahrung machen, dass dir zugehört wird, dann buche dir den "Finde dein Warum" Workshop. ;-) Denn da bin ich eine Zuhörerin. Willst du mehr von mir lesen, dann abonniere meinen Newsletter
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